Politik

Ukraine-Talk bei Illner "Putin braucht den Krieg"

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos | Feedback senden
Wenn Putin nicht in der Ukraine Krieg führt, dann eben woanders, warnt die Moskau-Kennerin Adler.

Wenn Putin nicht in der Ukraine Krieg führt, dann eben woanders, warnt die Moskau-Kennerin Adler.

(Foto: IMAGO/SNA)

Am Ende jedes Krieges stehen irgendwann Verhandlungen - doch in Aussicht sind sie in der Ukraine nicht. Putin habe an einem Frieden auch gar kein Interesse, sagt die frühere Moskau-Korrespondentin Sabine Adler bei Maybrit Illner.

Hat die Ukraine noch eine Chance, den Krieg zu gewinnen? Die Gäste bei Maybrit Illner im ZDF sind sich einig: Es wird schwierig. Dem angegriffenen Land gelingt es zusehends nicht mehr, die russische Übermacht auf dem Schlachtfeld erfolgreich zu bekämpfen. Gleichzeitig manifestiert der russische Präsident Wladimir Putin mit der am Wochenende abgehaltenen Scheinwahl seine Macht.

Die ehemalige Moskau-Korrespondentin des Deutschlandfunks, Sabine Adler, möchte gar nicht erst von einer Wahl in Russland sprechen. Das sei eine Pseudowahl gewesen, sagt sie bei Maybrit Illner. Sie lehnt es auch ab, Putin einen Präsidenten zu nennen. "Er verdient diesen Titel nicht, man muss sich einen anderen überlegen."

Die Mehrheit des russischen Volkes stehe nicht hinter dem Krieg, erklärt Wladimir Wolkow, Mitarbeiter und Freund des getöteten Oppositionspolitikers Nawalny. Seine Organisation befrage jeden Monat die Menschen in Russland. Im Dezember hätten 68 Prozent der Befragten gesagt, der Krieg müsse sofort beendet werden. Er glaube immer noch an die Möglichkeit, dass Russland ein demokratischer Staat werden könne, sagt Wolkow.

Auch die Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht, Amira Mohamed Ali, sagt: "Die Wahl war nicht demokratisch." Putin sei kein vom Volk legitimierter Präsident. "Aber er ist faktisch an der Macht. Und ich denke, daran können wir im Moment nichts ändern. Und dann bleibt uns auch nichts anderes übrig, als sich mit ihm ins Benehmen setzen zu müssen und zu versuchen, dass dieser Krieg auf dem Verhandlungswege möglichst schnell beendet wird."

Nur hat Putin zuletzt in einem Fernsehinterview Friedensverhandlungen abgelehnt. Wie man den Kremlchef dennoch an den Verhandlungstisch bekommen könne, weiß sie auch nicht. Sie wisse aber: Die Waffenlieferungen der letzten zwei Jahre hätten nichts gebracht.

Warum das so sein könnte, erklärt Sabine Adler: "Putin braucht den Krieg", sagt sie. "Weil er ihn zum Machterhalt braucht." Durch den Krieg habe er einen äußeren Feind. Dieser äußere Feind versammle die Bevölkerung hinter Putin. "Und deshalb wird er nach der Ukraine einen neuen Kriegsschauplatz suchen, wenn er daran nicht gehindert wird. Und das ist etwas, was in Europa noch nicht jeder verstanden hat", sagt Adler. "Und das heißt zum Beispiel in der Ukraine: Wer Verhandlungen über einen Waffenstillstand vorschlägt, der muss Sicherheitsgarantien mit dazu verhandeln, denn dieser Waffenstillstand muss eingehalten werden."

Klingbeil verspricht Waffenlieferungen

Adler spielt damit auf Äußerungen von Amira Mohamed Ali an - und auf eine Bundestagsrede von SPD-Fraktionschef Mützenich. Der hatte am vergangenen Donnerstag vor allem die Politiker seiner Partei aufgefordert, über ein Einfrieren des Ukraine-Krieges mit anschließenden Friedensverhandlungen nachzudenken. Daran hat es heftige Kritik gegeben, sowohl von den Koalitionspartnern Grüne und FDP, also auch von der Union.

SPD-Parteichef Lars Klingbeil verteidigt bei Maybrit Illner zwar die Forderungen Mützenichs, räumt aber ein: Für Verhandlungen gebe es im Moment wenig Zeichen. Er glaubt, Putin wolle zunächst das Ergebnis der Wahlen in den USA abwarten. Mützenich habe in seiner Rede auch gesagt, Deutschland wolle die Ukraine weiterhin unterstützen und militärisch stärken. "Und das ist jetzt glaube ich das Wichtigste, dass sie Artilleriemunition bekommt, wo wir als Europäer viel besser und auch schneller werden müssen." Er glaube nicht, dass man sich mit Wladimir Putin an einen Tisch setzen könne. Aber die Entscheidung über Friedensverhandlungen könne in Deutschland ohnehin niemand fällen, das sei allein Sache der Ukraine. Mützenich habe in seiner Rede über Frieden nachdenken wollen, aber die Unterstützung der Ukraine gehe weiter, und das treffe auch für die militärische Unterstützung zu.

Mehr zum Thema

"Die Lage an der Front ist tatsächlich dramatisch", sagt der stellvertretende Chefredakteur der "Bild"-Zeitung, Paul Ronzheimer, bei Illner. Soldaten hätten ihm berichtet, die Russen könnten zehnmal angreifen, sie selber sich aber nur einmal verteidigen. "Es ist für sie absolut katastrophal. Und gleichzeitig erleben wir, dass Wladimir Putin nach dieser Wahl angekündigt hat, sechzehn neue Brigaden zu mobilisieren." Die ukrainische Armee habe im Moment zwei Probleme: die fehlende Mobilisierung und die fehlende Munition, sagt Ronzheimer.

Beim letzten Punkt verspricht Klingbeil Besserung. Zwar könne man Artilleriemunition nicht von heute auf morgen produzieren, "aber wir haben die Fabriken hochgefahren." Man habe mit Frankreich einen Durchbruch erzielt und könne Munition auch aus Drittländern kaufen, der Europäische Rat habe dafür die Finanzierung klargemacht. "Ich sehe, dass wir jetzt gerade in eine zeitliche Lücke hineinlaufen", so Klingbeil. "Aber trotzdem fahren wir gerade in Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern die Munitionskapazitäten hoch."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen